Damit Marlies über einen Städtetrip so richtig ins Schwärmen kommt, braucht es folgende Zutaten: die Basis bildet auf jeden Fall ein schickes Hotel, dazu eine Handvoll angesagter Restaurants und ein Hauch von Horizonterweiterung. Rund wird die Sache aber erst dann, wenn noch ein bisschen Entspannen dabei ist. Du fragst Dich jetzt bestimmt, ob uns diese schmackhafte Wiener Melange gelungen ist? Aber selbstverständlich!
Inhaltsverzeichnis
Kaffeehaustradition aus der Kaiserzeit
Apropos Melange. Zu den klischeehaften Vorstellungen über die Bewohner unserer Bundeshauptstadt gehört zweifelsfrei neben dem charmanten Grantl’n auch die Wiener Gemütlichkeit. Letztere lässt sich in einem der traditionsreichen Kaffeehäuser besonders leicht finden … und zelebrieren. Übrigens, die UNESCO hat 2011 die Wiener Kaffeehauskultur in die Liste des ‚immateriellen Kulturerbes der Menschheit’ aufgenommen.
Café Schwarzenberg
Vor über 150 Jahren wurde die Ringstraße gebaut. Damals war sie als Flaniermeile bei den Wienern äußerst beliebt. Heute will kaum jemand mehr auf der stark autofrequentierten Hauptverkehrsader zum Zeitvertreib herumzuspazieren. Ab und an fährt ein Fiaker-Gespann in vergleichsweisem Zeitlupentempo vorbei. Drinnen, im derzeit ältesten Ringstraßen-Café, von Hektik keine Spur.
„Kaffeehausgäste sind Emigranten, die auf der Flucht vor dem Alltag zu uns in Exil kommen“.
Ins Kaffeehaus am Kärntnerring kommen wir gerne vorbei. Mit einem galanten „Bitte sehr die Dame“ bringt mir ein Kellner im Livree ein kleines Wiener Frühstück: Melange, Semmerl und Marillenmarmelade. Klassisch und köstlich, aber fast schon frevelhaft angesichts der Fülle an Frühstücksvariationen und kleinen Gerichten.
Die Gestaltung der Inneneinrichtung ist von Adolf Loos beeinflusst, dem Wegbereiter der modernen Architektur und in einer hohen handwerklichen Qualität ausgeführt. Edle Materialien wie Tischplatten aus gehämmertem Messing, marmorverkleidete Wände, Kristallleuchten und großzügige Spiegelflächen verleihen dem Raum eine besonders angenehme Atmosphäre. Nostalgisch, ruhig, entspannend. Fast schon meditativ-rhythmisch das Scheppern von Tassen und das feine Surren der Kaffeemühle. Da verliert man leicht jedes Zeitgefühl.
Café Sperl
Wer nicht weiß, welche besonderen Eigenschaften ein Traditionskaffeehaus auszeichnen, der findet Aufklärung in der Menükarte: „Bei einer Schale Kaffee lässt sich angeregt plaudern, tiefgründig sinnieren, weise philosophieren und betörend flirten“.
Verweilen und Innehalten wird seit 1880 tagtäglich von den Gästen praktiziert und ist im Laufe der Jahrzehnte quasi von den dunkelholzgetäfelten Wänden und der vergilbten Stuckdecke aufgesogen worden. Das Café ist ein beliebter Treffpunkt von Künstlern und Schriftstellern. Im Sommer kann man seinen kleinen Braunen mit Zwetschkenfleck sogar im Schanigarten genießen. In der übrigen Zeit empfiehlt sich die Reservierung eines Fensterlogenplatzes oder einer Innenraum-Loge. Beide versprechen etwas Privatsphäre im großen, lichtdurchfluteten Gastraum.
Auf jeden Fall sollte man es nicht eilig haben, denn von den samtartig weich gepolsterten Sitzbänken erhebt man sich nur schweren Herzens wieder. Und die frischen, hausgemachten Mehlspeisen sowie die Köstlichkeiten der berühmten ‚Wiener Küche’ tun ihr Übriges dazu.
Nur mal so nebenbei: weißt Du warum es traditionell ein kleines Glas Leitungswasser zum Kaffee gibt? Im Mehlspeiskönig ist nachzulesen: „Der Brauch kommt ursprünglich aus der Zeit des Adels und Bürgertums. Den Kaffeelöffel einfach abzulecken und auf die Untertasse zu legen, wäre damals äußerst unschicklich gewesen. Darum wurde der Löffel in dem dazu gereichten Glas Wasser abgelegt.“
SHADES Tours – auf den Spuren der Obdachlosigkeit
Wir bei Dreaming Balu schreiben uns auf die Fahnen, ab und an einen kritischen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Da hat uns das Angebot der sozial-politischen Shades Tour sofort angesprochen.
Mit viel Behutsamkeit und Einfühlungsvermögen gelingt es dem Team, einen Einblick in das Tabuthema Obdachlosigkeit zu geben und uns für die Situation der Betroffenen zu sensibilisieren – und das fernab von jedem Sozialvoyeurismus. Hauptziel der Initiative ist die Integration von ehemals obdachlosen Menschen in den Arbeitsmarkt. Im ersten Schritt werden sie als Tour-Guides eingesetzt, was uns zu Informationen aus erster Hand verhilft.
Unsere Rundgang beginnt am Heldenplatz und führt uns in den folgenden 2 Stunden durch den 1. Bezirk bis in den Stadtpark. Wir suchen symbolträchtige Plätze auf, die im Zusammenhang mit Obdachlosigkeit stehen. Zu unser Verwunderung halten wir auch an einem großen roten Tor an der Staatsoper. Wenn Du wissen möchtest, warum ausgerechnet hier, dann solltest Du demnächst eine SHADES Tour buchen.
Programm der alternativen Stadtführung von SHADES TOURS
Foto: Shades Tours Vienna; Unser Guide Dieter © Patrick Sabitzer
Unser Guide, dessen Name unerwähnt bleiben soll, erzählt uns kurzweilig und herzerfrischend Geschichten aus seinem Alltag. Er berichtet respektvoll über Schicksale von Menschen, wie man in die Misere hineinschlittern kann und welche Wege vielleicht wieder herausführen. „Der Verlust an Würde schmerzt am meisten“ ist die offene Antwort auf die Frage nach der größten Herausforderung, „und die Kälte der Anonymität einer Großstadt“. Eine wichtige Unterstützung ist das dichte Netz an Betreuungseinrichtungen mit den vielen helfenden Händen, professionelle wie freiwillige. Essen – schlafen – duschen – medizinische Versorgung – sinnvolle Beschäftigung – wohnen. Das sind die Voraussetzungen, um Mensch bleiben zu können. Auch in schwierigen Lebenslagen.
Danke an unseren sympathischen Guide und Shades Tour für die tiefen Einblicke und die Eröffnung einer neuen Sichtweise. Gratuliere, ganz tolle Sache!
Lunchtime: ULRICH am Ulrichsplatz
Zwischendurch einen kleinen Happen essen, ausrasten und Energie für neue Stadtabenteuer tanken. Das Ulrich ist ein angesagtes, hippes Lokal. Wir heben den Altersschnitt beträchtlich. Haben mit Glück einen kleinen Tisch ergattern können. Die Speisekarte ist kreativ zusammengestellt. Eindeutiger Verkaufsschlager heute: das ‚Flat Ulrich’, eine Art Flammkuchen. Eine hauchdünn-knusprige, an Grahambrot erinnernde Flade mit feinem Belag. Ich wähle die vegane Variante mit Pastinaken-Creme, geschmorten Hokkaido-Stücken, Amaranthsprossen, Kerne und Öl vom Kürbis. Yummi – supa guat Oida! Eine gaumenfreudige Überraschung birgt der ‚Apfelstrudel im Glas’. Welche? Das findet mal schön selber heraus …
Urbanes Schlittschuhlaufen am Wiener Eistraum
Winter in der Donaumetropole. Wenn Dir der Sinn nach Bewegung an der frischen Luft steht, kannst Du am ‚Wiener Eistraum‘ vor der großartigen Kulisse des Wiener Rathauses auf verschlungenen Schlittschuhwegen durch den Park schweben.
Toll ist, dass man sich auch ganz spontan zum Eislaufen entschließen kann, da es vor Ort einen gut ausgerüsteten Verleih gibt und man seine Siebensachen in Schließfächern verstauen kann. Echt praktisch.
Ein kleiner Erlebnisbericht von Marlies: „Schon nach einer 5minütigen Aufwärmphase stellt sich ein wunderbares Glücksgefühl beim Dahingleiten ein. Mit Leichtigkeit tänzle ich über das Eis. Zwischendurch geht es auf leicht abschüssigem Pfad rasant dahin … sapperlot! … wie bremst man bergab mit diesen Sportgeräten? Langsam wage ich sogar eine kleine Balletteinlage: Rückwärtslaufen, einfache Drehungen und eine graziöse Waage gelingen mühelos. Auf die eingesprungenen Pirouetten und den doppelten Rittberger verzichte ich heute lieber – die hebe ich mir für’s nächsten Mal auf 🙂 “.
Wiener Eistraum 19.1. bis 4.3.2018
Om & Savasana … wie man in Wien Entspannung findet
Für Landeier, wie wir es sind, kann so ein Tag im Großstadtdschungel schon mal recht aufwühlend sein. Die andauernde Reizüberflutung bringt das Nervensystem von uns zwei ruheverwöhnten Mühlviertlern ziemlich durcheinander. Da hilft nur eins: sich zentrieren mit einer Yoga-Stunde im wunderschönen Sivananda Yoga Vedanta Zentrum. Für uns ein feiner Zufluchtsort mit indischem Flair.
Wir nehmen den Lotussitz ein, schließen die Augen und tauchen ein in eine heilsame Welt der Stille. Die ineinanderfließenden Übungen des Sonnengrußes wecken den Körper auf und bringen die Gedanken zur Ruhe. Als erfahrene Yogis sind uns die exotisch klingenden Namen der einzelnen Positionen bestens vertraut. So verbiegen und verrenken wir uns genüsslich zum herabschauenden Hund, zum Fisch und zur Heuschrecke. Schon ist es da, dieses unbeschreiblich angenehme Gefühl einer Ruhe, die von innen heraus zu tiefer Zufriedenheit führt. Yoga wirkt eben! Spätestens jetzt wissen wir, warum wir die Matte ausgerollt und so manchen körperlichen Dehnungsschmerz in Kauf genommen haben.
Zum Abschied gibt uns die Yogalehrerin ein großherziges „OM“ mit auf den Nachhauseweg. Wir revanchieren uns mit dem oberösterreichische Mantra „Pfiat Di“ und verlassen ganz selig diesen Ort des Glücks.
Für alle, die Yoga einmal ausprobieren möchten, bietet Sivananda Wien jeden Donnerstag um 20:00 Uhr eine kostenlose Probestunde an. Gib’ Dir einen Ruck und schau’ vorbei – es lohnt sich!
Hier geht’s zum umfangreichen Kursprogramm
Wer an Yogaferien in der Karibik interessiert ist, sollte unseren Blog Bahamas: Shivananda Yoga Retreat lesen.
Wo der Tafelspitz zuhause ist
Der Tafelspitz ist das Flaggschiff der klassischen Wiener Rindfleischküche. Die Fleischschnitten vom Schlögel, also dem Hinterteil, werden in einer kraftvollen Rindssuppe mit Wurzelgemüse serviert. Dazu gibt es Apfel- und Semmelkren, Schnittlauchsauce und Kartoffelschmarrn, manchmal auch Dillrahm-Fisolen und Spinat.
Daheim ist diese österreichische Köstlichkeit beim Plachutta. Unbestritten. Es ist fast schon eine moralische Verpflichtung für einen Österreicher, zumindest einmal im Leben in dieser gastronomischen Institution einen Tafelspitz gegessen zu haben. Vom Feinsten!
Um nichts weniger sollte man dem Original Wiener Schnitzerl seine Aufmerksamkeit schenken. Hauchdünn geschnitten und im Paniermantel goldgelb gebacken. Einen Erdäpfelsalat dazu, mehr braucht`s nicht. Zumindest für den österreichischen Gaumen. Die beiden koreanischen Studenten am Nachbartisch zu meiner Linken plagen sich offensichtlich mit dem eigenwilligen Geschmack des – bitte verzeih’ den Ausdruck – Bröselfetzens. Verzweifelt wird veredelt mit allem was das Tischgewürzset hergibt: reichlich Salz und Pfeffer aus der Mühle, selbst das Kürbiskernöl landet am Schnitzerl statt am Salat.
Das Lokal ist wuselig, die Tische eng gestellt. So kann ich den Duft der Rindsroulade vom Teller meiner rechten Sitznachbarin genüsslich inhalieren. Der jungen Russin schmeckt’s, was mich jedenfalls nicht verwundert. Denn die Qualität der Speisen, die die Küche auf großen Tabletts verlassen, ist top. Die Karte ist überschaubar, mit durchwegs typisch wienerischen Gerichten. Flotte und freundliche Bedienung.
Plachuttas Gasthaus zus Oper, Wien
Hoteltipp: Ruby Lissi in der Innenstadt
„Do foist dreimoi um und bist scho duat“, meint auf gut wienerisch, dass das Ziel innerhalb von längstens 10 Minuten erreichbar ist. Das trifft auch auf das geschmackvolle Designhotel Ruby Lissi am Fleischmarkt zu. Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis in exzellenter Lage. Alle Sehenswürdigkeiten der Inneren Stadt ganz nahe. Der große Pluspunkt am Zimmer ist ein stylischer Gitarrenverstärker, an den Du Dein Handy anstecken kannst. Mit der eigenen Lieblingsmusik einschlummern und geweckt werden – das hat was.
Um es mit den Worten Kaiser Franz Joseph’s zu sagen: „Es war sehr schön, es hat uns sehr gefreut“.
Wie magst Du Dein Wien-Wochenende am liebsten? Wir freuen uns auf Deine Tipps in den Kommentaren!
Transparenz: Wir wurden vom Wiener Eistraum und von Sivananda Wien eingeladen – vielen Dank! Alle anderen Kosten haben wir aus der eigenen Tasche bezahlt.
Autorin: Marlies, mit klitzekleinen Einstreuungen von Josef
2 Comments
Liebe Marlies! Freut uns, dass es Dir in unserer Wiener Yogaoase gefallen hat. Kommt doch mal wieder in unserem Seminarhaus in Reith vorbei. Om om Lakshmi von Sivananda Yoga
Liebe Lakshmi! Wir planen tatsächlich ein Wochenende bei euch in den Bergen. Ein paar Tage ‚Retreat‘ würden gut tun. Om … bis bald! Marlies