Seit über drei Jahren spielen wir mit dem Gedanken, nach Neuguinea zu reisen. So lange ist es nämlich her, dass Marlies von einer Entwicklungshilfeorganisation ein Jobangebot für einen Einsatz in Papua Neuguinea (PNG) bekommen hat. Da sie es schlussendlich nicht über’s Herz gebracht hat, ihre Liebsten für zwei Jahre alleine zu lassen, blieb Neuguinea vorerst nur ein Traum. Damals haben wir uns aber fest vorgenommen, dieses spannende Land am anderen Ende der Welt irgendwann einmal zu bereisen.
Heuer ist es soweit … wir sind bereit für spannende Kulturerlebnisse, undurchdringlichen Regenwald und ganz besonders für eine Begegnung mit den Stammesangehörigen der Dani im Hochland der Provinz Papua.
Inhaltsverzeichnis
Der ‚Rote Faden‘
Manchmal trifft man auf Reisen Menschen, die auf Anhieb vertraut erscheinen und einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Melius Walalua ist so eine Persönlichkeit. Er ist Dani-Häuptling und lebt mit seiner Familie im Dorf Osilimo. In seinem Alltag ist Melius mit immensen Widersprüchen zwischen Tradition bewahren und Moderne annehmen konfrontiert. Wir durften den charismatischen Clan-Chef in seinen unterschiedlichen Welten kennenlernen. In unseren Blog-Beiträgen stellen wir ihn näher vor. Sein Porträt wird sich wie ein roter Faden durch unsere Reisegeschichte aus Papua ziehen.
Regenerations-Stopover in Bali
Wir beschließen, uns Schritt für Schritt an Papua anzunähern und unterbrechen die lange Anreise mit einem Zwischenstopp auf Bali. Um Arbeitsstress, Jetlag (immerhin 6 Zeitzonen) und Klimaumstellung zu überwinden, stehen die Zeichen erst einmal auf Entspannung. Im feinen Jamahal Private Resort & Spa in Jimbaran finden wir sie ganz bestimmt. Die Nähe zu Flughafen und Strand machen dieses kleine Boutiquehotel zu einem idealen Refugium für erholungssuchende Langstreckenflieger.
Jamahal Private Resort & Spa, Jimbaran | Bali
„Find yourself at Jamahal“. Ankommen, durchatmen, relaxen. Jamahal bedeutet übersetzt so viel wie kostbare Zeit. Diese kann man in hübschen Villen verbringen, jede eine kleine grüne tropische Oase mit ganz viel Privatsphäre. Auf die Frage, wo wir denn unser Frühstück serviert haben möchten, antworten wir mit strahlenden Augen: „Poolside, please!“ Auch für das Dinner dürfen wir unseren Lieblingsplatz wählen und entscheiden uns für ein romantisches Tete-à-Tete auf unserer privaten Gartenterrasse. Nasi Goreng, Loungemusik und der allgegenwärtige Geschmack von Lemongrass – Ingwer – Kokosmilch … da lässt es sich aushalten! Zwischendurch eine Massage, traditionell balinesisch, und die mitgebrachten Alltagssorgen sind vergessen.
Der nahegelegene Strand ist bei Sonnenuntergang eine begehrte Szenerie für Hochzeitspaare und deren Fotografen, sonntags ein beliebtes Ausflugsziel für die Einheimischen. Muscheln sammeln, Drachen steigen lassen, Picknick am Strand oder Seefood-Essen in einer der zahllosen Bars. Loud & crowded, da bleiben wir lieber ‚zuhause‘ und trinken einen Ginger Tea in unserem Garten.
Mit einem wunderschönen Sonnenuntergang verabschieden wir uns für’s Erste von der Insel der Götter. Beim Anblick dieser einzigartigen Farbkomposition am Himmel bekommen wir richtiges Gänsehaut-Feeling. Nuancen von Rosa und Orange mischen sich mit dem Blau der Dämmerung … echt phantastisch!
Am Weg von Bali nach Neuguinea
Die erste interessante Begegnung lässt nicht lange auf sich warten. Am Domestic Airport in Denpasar kommen wir mit Adel, einer sympathischen PhD-Studentin aus Jayapura ins Plaudern. Dabei stellt sich heraus, dass sie vor kurzem zahlreiche Feldstudien mit Dani-Frauen im Baliem-Valley durchgeführt hat. Ihre Erfahrungen sind äußerst wertvoll für unser geplantes Photo-Voice-Projekt. So ein Zufall aber auch – das hätte nicht besser laufen können!
In der Nacht geht der Flug über Timika nach Jayapura, ganz in den Osten Indonesiens. Marlies nutzt die Zwischenlandung für einen Besuch im Cockpit und assistiert dem Co-Piloten beim Abarbeiten der Checkliste. 🙂
Beim Blick aus dem Fenster wird uns die Abgeschiedenheit dieser Gegend bewusst. Über weite Teile des Landes erstreckt sich dichter Urwald, der nur durch ein paar Flüsse unterbrochen wird. Hier gibt es noch Regionen, die kaum von Menschen besiedelt sind und fernab jeglicher Zivilisation liegen. Und wir zwei mittendrin.
Bevor wir mit einem kleinen Propellerflugzeug unsere letzte Flugetappe von Jayapura nach Wamena antreten, drückt uns ein Mitarbeiter der Reiseagentur noch rasch einen Philips-Mixer in die Hand, mit der Bitte diesen beim Küchenchef unserer Lodge abzugeben … und so kommt es, dass wir mit einem Küchengerät im Handgepäck nach insgesamt fast 25 Stunden reiner Flugzeit endlich papuanischen Boden betreten.
Wir haben uns lokalisiert
Neuguinea ist die zweitgrößte Insel der Welt und gehört geografisch zu Ozeanien. Sie ist zweigeteilt und besteht aus dem freien Papua-Neuguinea und dem zu Indonesien gehörenden Westpapua. Eine besonders interessante Region ist das abgelegene Baliem-Valley. Es befindet sich im Herzen der Provinz Papua auf ca. 1.900 m und kann nur über den Luftweg erreicht werden. Der erste Weiße betrat 1938 dieses Hochlandtal, welches hauptsächlich von den Volksstämmen der Dani, Yani und Lani besiedelt ist. Wamena (wörtlich: Stadt der Schweine) ist Provinzhauptstadt und die einzige Versorgungsstation mit Geschäften und Hotels.
Mal ehrlich, die Strapazen der Anreise sind erheblich, das Gefühl von Isoliertheit auf der wilden Tropeninsel wirkt etwas beklemmend, aber trotzdem … wir lieben dieses Land von der ersten Sekunde an.
Unsere Lodge in den Jayawijaya-Bergen
Ein großes Dankeschön an Marlies für die exzellente Reiseplanung! Mit der Hotelauswahl hat sie wieder voll ins Schwarze getroffen. Als wir im Naturparadies Baliem Valley Resort ankommen, sind wir überwältigt von der wunderschönen Lage und der grandiosen Aussicht. Die 15 Bungalows im traditionellen Dani-Honai-Stil schmiegen sich harmonisch in den Hang des Bergregenwaldes.
Warmwasser, Strom und frische Bettwäsche – alles da, was man so braucht, um sich nach einem erlebnisreichen Tag zu erholen. Aber irgendetwas fehlt … was war das nochmal? Ach ja, wir sind raus aus dem WorldWideWeb und für 216 Stunden zu Digital Detox verdonnert. Gleich vorweg: wir genießen es sehr, einmal längere Zeit offline zu sein. Wir liegen entspannt in unserem Honai und lauschen der einzigartigen Geräuschkulisse. In der Dämmerung hallen singende Dani-Stimmen aus den umliegenden Dörfern zu uns auf die Terrasse, untermalt vom meditativ-rhythmisch an- und abschwellenden Zikadengezirpe. Der Tag versinkt goldgelb im Sonnenuntergang, angenehm kühl steigt Dunst die Waldhänge hinauf. Die durchdringend hallenden Rufe der exotischen Paradiesvögel bringen fast etwas Unheimliches in die beschauliche Stimmung. Was für ein Erlebnis!
Die Küche überrascht mit frisch zubereiteten, landestypischen Gerichten. Die Lebensmittel stammen aus dem eigenen Garten, den Feldern und Fischteichen der umliegenden Dörfer, aus dem Baliem-River sowie dem Markt in Wamena. Alles Bio, von Hand bewirtschaftet. Es gibt keine Traktoren, selbst Ochsen-Pflug-Gespanne sucht man vergebens. Was nicht selbst hergestellt wird, muss eingeflogen werden und ist somit sehr teuer.
Das Restaurant ist gleichzeitig ein Museum und verströmt Expeditionsatmosphäre. Man kann die Faszination der Besitzer für dieses Land richtig spüren. Wow!
Einzigartig an diesem Resort ist auch die unmittelbare Nähe zu den Dani-Dörfern. Die Ureinwohner leben nur einen Steinwurf entfernt von unserer Hütte. Es ist toll, dass wir noch vor dem Frühstück einen kleinen Abstecher zu unseren Nachbarn machen können, um eben mal mit einem freundlichen „Pagi-Pagi“ einen Guten Morgen zu wünschen.
Ohne „Wa Wa Wa“ geht gar nix
Recht rasch bestätigt sich unsere Erfahrung, dass wir den eigentlichen Zugang zu einem Land über die Menschen bekommen. So nehmen wir am ersten Tag dankbar die Einladung von Dani-Frauen an, sie in ihrem traditionellen Langhaus zu besuchen. Die Dorfbewohnerinnen geben Marlies eine erste Lektion in Dani-Language. „Wa Wa Wa“ scheint ein Zauberwort zu sein und darf im Wortschatz auf keinen Fall fehlen. Ausgesprochen wird es mit einem weichen „W“ und einem gehauchten „a“. Was es genau bedeutet, können wir nicht herausfinden. Irgend etwas zwischen „Hallo – Herzlich Willkommen – Dankeschön – Freut mich sehr“. Soviel ist aber sicher: beim Sprecher erzeugt es ein wohliges Gefühl in der Mundhöhle und beim Empfänger hinterlässt es ein Grinsen im Gesicht. Also nehmen wir an, ein paar „Wa’s“ können sicherlich nie schaden.
Unsere Empfehlung für deine Papua-Reise
Wir haben unsere ganze Papua-Reise bei Dr. Weiglein Expeditionen gebucht und können das gerne weiterempfehlen. Hier bekommst du ein Rundum-Sorglos-Paket von einem echten Papua-Spezialisten, bei dem du deine gewünschten Tagestouren ganz individuell zusammenstellen kannst. Homebase für die Aktivitäten rund um Wamena ist das Baliem Valley Resort.
Dr. Weiglein Expeditionen & Baliem Valley Resort
TIPP: Unbedingt die Hochsaison Juli/August meiden, da sich bei den wenigen Attraktionen dann verhältnismäßig viele Touristen tummeln.
Für echte Abenteurer, die eine Expedition in bis heute kaum erschlossene Gebiete Papuas planen, ist diese Reiseagentur auch der richtige Ansprechpartner. Schau doch mal auf der Homepage vorbei und hol dir deine Reiseinspiration.
Raus aus der Komfortzone, rein in die Wildnis
Das meist noch unberührte Baliem-Tal eignet sich ideal für Trekking-Touren. An mehreren Tagen schwärmen wir mit unserem englischsprachigen Guide Penius in alle Richtungen aus und erkunden die Gegend. Er führt uns immer wieder an neue Lieblingsplätze und hilft uns mit viel Einfühlungsvermögen Sprachbarrieren zu überwinden, wenn wir mit den Einheimischen in Gespräch kommen möchten.
Ganz links im Bild ist übrigens Melius zu sehen. Schaut mal, was er in seinen Händen hält: eine große Machete und ein uraltes Transistorradio. Das sind offenbar die wichtigsten Survival-Utensilien im Dschungel. An diesem Tag wissen wir noch nicht, dass wir Freunde werden und dass diese Gegenstände sinnbildlich für sein Leben sind. Die erste gemeinsame Wanderung führt uns auf einen Gipfel des Sekan-Gebirges mit atemberaubender Aussicht ins Baliem-Valley.
Am zweiten Tag schlägt das Wetter um. Der Himmel öffnet seine Schleusen. Wir verbringen den Vormittag in unserer gemütlichen Lodge und lauschen dem monotonen Klopfen der Regentropfen auf unserem Dach. Am Nachmittag legt der Tropenregen eine Pause ein und wir brechen zu einer kurzen Wanderung auf.
Zuerst marschieren wir auf relativ gut begehbaren Pfaden vorbei an hübschen Farnen und Orchideen, später wird die Vegetation immer dichter und ehe wir uns versehen, sind wir umgeben von scheinbar undurchdringlicher Wildnis. Es wird ganz still, fast ein bisschen unheimlich. Melius ist wieder mit von der Partie. Als Ortskundiger lotst er uns gekonnt durch das Dickicht. Je tiefer wir in den Dschungel vordringen, desto mehr sind wir auf ihn fokussiert, um ihn ja nicht aus den Augen zu verlieren. Die Eingeborenen sind eng mit der Natur verbunden und können sich mühelos im Busch orientieren. Wirklich beeindruckend.
Melius ist äußerst aufmerksam und urtümlich in seinem Fühlen und Handeln. Ihm entgeht nicht, dass Marlies etwas mulmig zumute ist. Ohne große Worte nimmt er ihre Hand, um die Situation zu entschärften und Sicherheit zu geben. Unter uns gesagt, ein bisschen erleichtert sind wir schon, als wir unbeschadet die Schotterstraße erreichen, die zurück zu unserer Lodge führt.
Darf’s ein bisschen „Culture Clash“ sein?
Für Josef gibt es nichts Schöneres als pulsierende asiatische Märkte. Er kann Stunden damit zubringen, das kunterbunte Treiben durch die Linse seiner Kamera zu beobachten und interessante Szenen einzufangen. Auch am Eingeborenenmarkt in Wamena werden wir von einem farbenfrohen Durcheinander, unwiderstehlichen Gerüchen und einem geschäftigen Stimmengewirr mitgerissen.
Fasziniert vom Überangebot an exotischen Früchten, vertrauten sowie ungewöhnlichen Gemüsesorten, wohlriechenden Kräuterbüscheln und liebevoll arrangierten Gewürzen bringt sich Josef in Position. Doch halt! Fotografieren nur nach Bezahlung. Mit abweisenden Gesten und drohende Gebärden machen einige Marktfrauen klar, dass sie es ernst damit meinen. Also, entweder Geldscheine auspacken oder Kamera einpacken. Heute sind wir erst einmal verwirrt und bezahlen nicht. Im Trubel sind trotzdem einige Bilder entstanden.
Das Thema „Bezahlen für’s Fotografieren“ unterscheidet sich von der legitimen Forderung mancher potentiell Abgelichteten, nicht fotografiert werden zu wollen. Das hat Josef dermaßen beschäftigt, dass er einen eigenen Beitrag dazu geschrieben hat, den du am Ende dieses Blogs lesen kannst.
Blumiges für echte Kaffeeliebhaber
Beim Vorbeifahren machen wir einen Abstecher zur Kaffeeplantage „Wamena Coffee“. Der Arabica-Hochlandkaffee wird hier von Kleinbauern in Handarbeit mitten im Buschland angebaut. Natürlich Bio, ohne Chemieeinsatz. Der Besitzer lädt uns auf eine Kostprobe in sein Büro ein. Zu unserer Überraschung entlockt er einem Saeco Kaffeevollautomaten einen Espresso mit perfekter, haselnussbrauner Crema und intensivem Aroma. Leichte Säure, angenehm bitter, schmeckt nach Erdnuss und dunkler Schokolade. Herrlich!
Aus der Nachbarhütte tönen coole papuanische Ohrwürmer zu uns herüber. In Nullkommanix sind die Songs auf Marlies‘ Handy geladen und beschallen ab sofort unser allradgetriebenes Fahrzeug. Da kommt richtiges Südsee-Feeling auf, ist ja fast ums Eck. Hör dir das an … Bonny Baru | Bikini
Passionsfrüchte und Dschungelkinder
Was haben beide gemeinsam? Ganz einfach, bei all unseren Wanderungen versüßen sie uns den Picknick-Lunch. Eintauchen in fremde Kulturen kann manchmal recht kräfteraubend sein. In solchen Momenten schöpfen wir aus einem tropischen Vitaminkick und der Begegnung mit den Kindern Papuas neue Energien.
Danke, dass ihr uns zum Lachen gebracht habt!
Fremdes und Vertrautes
Geht es beim Reisen nicht vor allem darum, sich das Fremde vertraut zu machen? Wir denken schon und freuen uns jedes Mal über Bekanntschaften, die über den üblichen „Hello, how are you“ – Smalltalk hinausgehen.
Die Dani begegnen Fremden mit ernster Miene und Zurückhaltung, was anfänglich etwas abweisend wirkt. Ein freundliches „Najak, najak“ oder „Nero laok, wa wa wa“ entlocken ein Lächeln, mitunter sogar ein herzhaftes Lachen ob der kuriosen Aussprache. Nachdem das Eis gebrochen ist, entpuppen sich die Dani als zugängliche und fürsorgliche Menschen. Ihre großen, dunklen Augen strahlen vor Freude und Lebenskraft. Jede Falte ihres Gesichts erzählt eine Geschichte aus ihrem Dschungelleben. Auffällig ist die haptische Veranlagung. Männer wie Frauen fassen gerne unsere Hände, um Kontakt aufzunehmen oder berühren unsere Arme und Schultern. Diese freundschaftliche Geste schafft Vertrauen.
Für Marlies sind diese Begegnungen die schönsten Momente auf Reisen: „Mir geht jedes Mal das Herz auf, wenn ich erleben darf, wie nahe ich vermeintlich fremden Menschen sein kann, auch wenn wir beide aus ganz unterschiedlichen Welten stammen.“
Weake und Marlies können sich kaum halten vor Lachen, als sie das kurz zuvor aufgenommen Video ansehen.
Das Thema „fremd und vertraut zugleich “ spiegelt sich auch im folgenden Bild wieder. Die Halskette mit Kreuzanhänger als Symbol für das Christentum im Widerspruch zum Nacktsein der Eingeborenen.
Salz und Kuriositäten
Heute geht’s durch anspruchsvolles Regenwaldgelände steil hinauf zu einer Salzquelle. Für die Einheimischen ist sie heilig, denn das Salz ist Nahrungsergänzung und Medizin zugleich. Weake Himan zeigt uns in Stammestracht gekleidet („traditional decorated“ – O-Ton Guide Penius), wie einfach Salz gewonnen werden kann. Ein Bananenstammherz schälen, einweichen, zerstampfen und anschließend in einem Bananenblatt eingewickelt für rund eine halbe Stunde in Salzwasser ziehen lassen. Fertig. In der Neuzeitvariante kann man sich natürlich auch Sole in einem Plastikkanister mitnehmen.
Der Rückweg führt uns durch Grasland an Dani-Gehöften vorbei zu einer 320 Jahre alten Mumie im Kurulu-Weiler. Eine touristische Kuriosität und Überbleibsel eines indogenen Ahnenkults. Gegen Bezahlung wird der kohlrabenschwarze, verblichene Krieger von der finsteren Männerhütte in die Sonne geholt und auf einem Holzklotz präsentiert.
Von unserem Besuch offensichtlich überraschte Frauen bringen sich hastig und halbherzig aufgebrezelt für den Souvenirverkauf in Stellung, und für Fotos. Natürlich nur gegen extra Honorar.
Ein Hallelujah für Melius
Dass auch in Wamena am Sonntag die Kirchenglocken läuten und Gottesdienst gefeiert wird, ist die Folge unermüdlicher Missionsarbeit verschiedener christlicher Konfessionen. Der überwiegende Teil der Bevölkerung bekennt sich zu Gott. Reicht jedoch im Alltag der Glaube alleine nicht aus, wird weiterhin auf animistische Praktiken zurückgegriffen und das Spektrum helfender Kräfte um Magie und Hexerei erweitert. Schön, dass sich die Dani einen Teil ihrer Kultur trotz hartnäckiger Bekehrungsversuche bewahren konnten. Es lebe die Vielfalt!
Wir nehmen die Gelegenheit wahr und mischen uns unter die Glaubensgemeinde. Interessanterweise wissen wir ziemlich genau, was gerade passiert, obwohl der Pfarrer den Gottesdienst auf Indonesisch zelebriert. Einzig eine lebhaft geführte Diskussion unter den Gläubigen unterscheidet den Messeverlauf von Daheim. Die Gemeinde wird mit einbezogen und die Mitglieder bekommen Gelegenheit über ihre Anliegen zu sprechen. Diesmal meldet sich Meluis zu Wort und macht nachdrücklich auf Missstände im Dorf aufmerksam. Vom Pfarrer moderiert folgen etliche Wortmeldungen aus verschiedenen Sitzreihen bis offensichtlich eine befriedigende Lösung gefunden wurde.
Unser Beitrag vom Kirchengang endet mit einer kurzen Videosequenz. Ein Beispiel dafür, wie sich Vertrautes und Fremdes ganz wunderbar durchmischen können.
Lake Sentani – die Südsee lässt grüßen
Um den Rückflug von Japapura nach Denpasar nicht zu verpassen, ist es für die Abreise empfehlenswert, eine Nacht in der Hauptstadt einzuplanen. Man muss immer damit rechnen, dass ein wolkenverhangener Himmel den Flugverkehr einschränkt.
Jayapura hat wenig Flair und fällt unserer Meinung nach in die Kategorie „eine weitere asiatische Großstadt, die man nicht unbedingt sehen muss“. Der nahe gelegene Lake Sentani ist aber allemal einen Abstecher wert. Wir tuckern auf dem See mit einem bunt bemalten Motorboot dahin. Kristallklares Wasser und kitschig blauer Himmel, weiße Wolkenberge, lachende Kinder winken aus Stelzenhäusern vor üppig grüner Hügelkulisse. So stellen wir uns die Südsee vor.
Die passende Südseetraum-Musik von Dev Iyara aus Papua darf natürlich nicht fehlen …
Always remember: Live is not about the amount of breaths you take, it’s about the amount of moments taking your breath.
Eine Portraitserie der Dani findest Du hier > look at me | Papua
Gratuliere und ein Dankeschön, wenn du diesen elend langen Roman bis zum Ende gelesen hast. Zwei weitere spannende Artikel sind in Arbeit. Verpass also auf keinen Fall das bildgewaltige „Pig Festival“ und unser einzigartiges „Photo Voice Projekt„.
Essay: Bezahlen für’s Fotografieren
Für mich als begeisterten Reisefotograf ist es selbstverständlich, dass ich abgelichtete Personen nicht unvorteilhaft darstelle und einen „no photo please“ – Wunsch respektiere. Fast immer funktioniert das Aushandeln eines Einverständnisses im Augenblick des Tuns durch Gesten und Mimik, manchmal durch ein Lächeln beim gemeinsamen Betrachten des Schnappschusses. Bisher hatte ich keine nennenswerten Schwierigkeiten mit meiner respektvollen Art des Eindringens in Privatsphären.
Doch die Menschen im Baliem Valley sind anders. Bei ihnen geht es darum, mit Bildern Geld zu verdienen. Guide Penius meint, diese Geschäftstüchtigkeit haben sie von den Touristen gelernt. Zuerst um Erlaubnis fragen, den Preis verhandeln – was geraume Zeit in Anspruch nimmt – und dann erst fotografieren. Da brauche ich das Foto nicht mehr, denn die interessanten Szenen sind sowieso längst vorbei und das Bild wirkt gekünstelt. Ehrlich, da lass‘ ich es lieber bleiben. Weicht man von der Standardprozedur ab, reagieren die Dani meist unangemessen und gehen gleich auf Konfrontation. In so manch heikler Situation wurde ich von unserem Guide ‚gerettet‘.
Wenn man auf der anderen Seite jedoch bedenkt, dass ich als Tourist mit meinem Hierherreisen genau das zerstöre, was ich eigentlich zu finden hoffe, verstehe ich die Einheimischen ein wenig. Ruppig und verschlossen gegenüber Fremden sein ist da ein probates Mittel, einen Ansturm zu verhindern.
Meine Lösung: ich fotografiere nur in ausgewählten Dörfern, frage das Oberhaupt um Erlaubnis und verhandle den Preis für no-limit-Fotos. Ich bleibe eine Weile bevor ich zu fotografieren beginne. Dann bemerkt man mich kaum mehr und ich kann wieder nahezu ungestellte Schnappschüsse machen. Ich finde, ein Foto, unbemerkt mitten aus dem Leben gegriffen, hat eine andere Energie als ein inszeniertes Bild. Über einen weiteren Lösungsansatz berichten wir in unserem nächsten Beitrag. Schon etwas von ‚Photo Voice‚ gehört?
Ein Eldorado der unfotografierten Bilder
Jetzt ist Phantasie gefragt: einfach Fotostrecke durchklicken und die Bilder mit den Texten ergänzen …
[1] Die Feldarbeit wird bei den Dani strikt aufgeteilt. Die Männer sind für das Anlegen der Felder, den Bau der geschlichteten Steinmauern und der Holzzäune zuständig. Hier werkt ein Großvater mit seinem erwachsenen Enkel an der Abgrenzung zur Schotterstraße. Beide mit der obligatorischen Zigarette im Mundwinkel.
[2] Die Frauen bewirtschaften die Felder und kümmern sich um die Ernte. Die junge Frau mit dunklem T-Shirt und Baumwoll-Short jätet das Unkraut. Sie trägt den Katari, einen Kopfschmuck aus schwarzen Vogelfedern. Das traditionelle Steinbeil ist einer Handhacke aus Metall gewichen.
[3] Eine Großmutter mit Kind schlendert die Straße entlang. Das Tragenetz um ihre Stirn ist mit Süßkartoffeln und Grünzeug gefüllt. Die Zähne sind rot vom Kauen der Betelnuss. Der dreijährige Bub mit verrotzter Nase geht in seinen froschgrünen Plastiksandalen brav an der Hand.
Wer nun glaubt, personenbefreite Bilder sind eine Besonderheit im Baliem Valley, der irrt. Wir werden uns auch in Europa zukünftig an diese Art von Streetfotografie gewöhnen müssen. Dank der Datenschutzgrundverordnung.
- Buchtipp & Filmtipp: Dschungelkind von Sabine Kuegler
- Buchtipp: Alptraum Zivilisation – Zurück in die Steinzeit: Eine Reise zu den Waldmenschen Neuguineas von Steffen Keulig
- Buchtipp: Der Papalagi – Die Reden des Südseehäuptlings Tuiavii aus Tiavea von Erich Scheurmann
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Autoren: Marlies und Josef
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