Was das Berge bezwingen angeht, sind wir zwei richtige Faultiere. Wie immer entscheiden wir uns auch diesmal für die bequeme Variante des Aufstiegs in hochalpines Gelände und verstauen uns samt unseren Rucksäcken in der Seilbahn. Es dauert nur wenige Minuten bis der kristallklare Weißsee vor uns liegt. Ein Bergsee wie er schöner nicht sein könnte, eingerahmt von einem eindrucksvollen 3.000er – Panorama.
Oben angekommen heißt es schnell einchecken und dann nichts wie raus. Es wartet eine „Blaue Stunde“ auf uns. In der kurzen Zeitspanne vor Sonnenuntergang, wenn sich Tag und Nacht begegnen, entsteht eine magische Färbung des Lichts. Bei absoluter Windstille verwandeln sich die Wasseroberflächen des Sees und der vielen kleinen umliegenden Tümpeln zu Spiegelflächen. Das Herbstgrün der Wiesen und das Grau des wolkenverhangenen Himmels verstärken die mystische Stimmung.
Weißsee – wie, was, wo?
Zuerst dachten wir, nur bei uns tut sich in Sachen „Weißsee“ eine geografische Bildungslücke auf. Aber je mehr Leuten wir von unserem Wochenendtrip erzählt haben, desto klarer zeichnete sich ab, dass es sich hierbei um ein noch relativ unbeschriebenes Blatt im Tourismusland Salzburg handeln muss.
Die Weißsee Gletscherwelt versteckt sich am Ende des Stubachtals mitten im Nationalpark Hohe Tauern. Von Uttendorf kommend gelangt man über eine mautfreie Panoramastraße zum Enzigerboden. Von hier geht’s entweder zu Fuß hinauf zur Rudolfshütte oder eben bequemer mit der Gondelbahn.
Was dieses Wanderparadies so besonders macht ist die Tatsache, dass hier in luftigen Höhen jeder auf seine Kosten kommt. Egal ob Familienurlauber, Ruhesuchende, Klettermaxe, Bergfexe oder Genusswanderer. Ausgehend von der Rudolfshütte sind die alpinen Möglichkeiten vielfältig und bieten ein Programm für mehrere Aufenthaltstage.
Gletscher Panoramaweg
Bei unser ersten Bergtour wollen wir den beeindruckenden Weißsee auf jeden Fall im Auge behalten und ihn aus jeder Perspektive bestaunen. Da bietet sich eine Seeumrundung an. Das hört sich jetzt eher nach einem rollatortauglichen Spaziergang für Betagte an, ist aber weit gefehlt. Gleich zu Beginn führt ein schmaler Pfad am „Hans-Gruber-Weg“ serpentinenartig durch anspruchsvolles Gelände. Der Weg ist gut beschildert und durchaus auch für ungeübte Wanderer machbar. Trittsicherheit ist vorausgesetzt und Vorsicht jedenfalls geboten, manche Passagen sind doch recht ausgesetzt. Ab und an brauchen wir sogar beide Hände, um uns an Seilen oder Steigleitern festzuhalten.
Der obere Teil des „Hans-Gruber-Weges“ ist dann flacher und führt über mächtige Gletscherschliffe in Richtung Sonnblickkees. Nach einem einstündigen Aufstieg trifft der Steig auf den „Sonnblickkees Gletscherweg“, der uns wieder zurück zur Rudolfshütte führen wird. Bevor wir jedoch die zuvor hart erarbeiteten Höhenmeter wieder hinuntermarschieren, machen wir noch einen Abstecher zum Fürlegsee, einem Gletschersee wie aus dem Bilderbuch: eiskaltes, türkisfarbenes Wasser, wuchtige Eiswände, feiner Sandstrand und eine beeindruckende Stille.
Auch am Weg nach unten müssen wir jeden Schritt gut planen. Hochkonzentriert setzen wir einen Fuß vor den anderen. Und auf einmal passiert es ganz von selbst: Denken und Tun werden eins. Die Gedanken kommen zur Ruhe und der Kopf wird frei. Das ist einer der Gründe, warum wir gerne in den Bergen herumkraxeln.
Tipp: Es ist sicherer, den Weg gegen den Uhrzeigersinn mit dem „Hans-Gruber-Weg“ zu beginnen. Bergauf sind die steilen Abschnitte besser zu bewältigen als bergab.
Die Rudolfshütte – ein geschichtsträchtiges Haus
Eine Schutzhütte mit 3-Sterne-Berghotelkomfort auf 2.315 m. Österreichs höchstgelegenes Hallenbad findet man dort ebenso wie einen großzügigen Wellnessbereich und eine mehrstöckige Indoor-Boulderanlage. Selbst beim Schwitzen in der Sauna haben wir den malerischen Weißsee im Blickfeld.
Berghotel Rudolfshütte, Weißsee
Draußen pfeift der Wind, drinnen genießen wir im Wintergarten den Aperitif. Während wir durch das Fenster den gesamten Verlauf unserer heutigen Wanderung überblicken, versinken wir gemütlich in die edelweiß- und hirschstickereigemusterten Sofasesseln. Die letzten Sonnenstrahlen blinzeln uns ins Gesicht und wir finden so richtig Gefallen an der friedvollen Ruhe der Abgeschiedenheit.
Die Zimmer sind geräumig und heimelig eingerichtet, mit dezenten Anleihen an typisch alpenländischem Interieur. Da darf natürlich eine rot-weiß-rot-karrierte Bettwäsche nicht fehlen. Alle Zimmer bieten eine großartige Aussicht, was bei der exponierten Lage des Hotels nicht weiter verwundert.
Für Familien gibt es ein attraktives Angebot: 2 Kinder bis 12 Jahre sind im Elternzimmer frei … und im Winter gibt’s eine sensationell günstige Schispaß-Tageskarte für 2 Erwachsene + 2 Kinder (< 12) ab 70,00 EUR. Hat man so etwas schon gesehen?
3-Seen-Wanderweg
Am nächsten Tag bläst uns ein gewaltiger Föhnsturm um die Ohren. Wir nehmen die Herausforderung trotzdem an und wandern zu Fuß über den „3-Seen-Wanderweg“ hinunter zur Mittelstation. Wie der Name schon sagt, passieren wir drei Seen. Noch ein letzter Blick auf den idyllischen Weißsee, bevor es über einen kleinen Gipfel, den Schafbühel, in Richtung Tauernmoossee geht.
Die Natur legt bekanntlich im Herbst ihr schönstes Gewand an. Das Bergpanorama und die Farben sind spektakulär und fast unwirklich. Auch wenn uns der heutige Fußmarsch so einiges abverlangt, genießen wir den Blick auf die umliegenden Dreitausender in vollen Zügen. Der Dritte und somit letzte See der Tagesetappe ist der Grünsee nahe der Mittelstation. Wer noch ausreichend Kraft in den Wadeln hat, kann von hier aus weiter zu Fuß über den Wiegenwald ins Tal marschieren. Für alle anderen steht die Gondel für einen eher gemütlichen Tagesausklang bereit.
Steinerwirt in Zell am See
Eine gute Adresse für eine Rast am Weg nach Hause ist das Gasthaus Steinerwirt in Zell am See. Kreative und kochhandwerklich hervorragend umgesetzte österreichische Küche in traditionsreichem Gemäuer. Wir nutzen die herbstlichen Wildangebote. Marlies isst ein klassisches Rehragout mit Semmelknödel und Blaukraut. Josefs Hirschsteak ist zartrosa und harmoniert mit den knusprig gebackenen Erdäpfelnudeln und dem Wirsinggemüse farblich am Teller und geschmacklich im Mund. Zur kulinarischen Abrundung eine Eispalatschinke versunken im Schokobad und (wie könnte es anders sein) einen warmen Apfelstrudel. Josef liebt Apfelstrudel und hat sich schon ernsthaft überlegt, im Blog ein Apfelstrudel-Espresso-Ranking einzuführen. Der Steinerwirt wäre da ganz vorne dabei.
Wirtshaus Kultur Hotel Steinerwirt 1493, Zell am See
Wer sich vor der Weiterfahrt noch die Beine vertreten möchte, kann dies auf der hübschen Uferpromenade des Zellersees tun. Die mediengeschürte Angst, sich dabei wie im Orient zu fühlen, ist Mitte Oktober unbegründet. Von den zahlungskräftigen Sommerfrischlern aus fernen Ländern fehlt zu dieser Zeit jede Spur.
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Transparenz: Danke an das Team der Rudolfshütte für die Einladung zu unserem Wochenendtrip und das schöne Bergerlebnis!
Autoren: Marlies und Josef
4 Comments
Danke für diese tolle Beschreibung eurer Tour. Das macht richtig Lust, die Gegend selbst zu entdecken. Und wie immer wunderbare Bilder …
Vielen Dank für deine netten Zeilen, Judith!
Lass uns wissen, wenn du dort warst. Die Region ist auf jeden Fall eine Reise wert.
Moin,
das sind ja eindrucksvolle Fotos! Macht richtig Lust, sich das auch mal anzuschauen!
Beste Grüße von der Küste
Tobias
Dankeschön Tobias für das liebe Kompliment! Und ja, einen Trip in die Region Weißsee können wir absolut empfehlen. Die Kombination See und Berge ist so spektakulär und beeindruckend.